Die Status-Gesten Teil 2

Nonverbale Kommunikation: Die Macht der Status-Gesten Teil 2

In Teil 1 habe ich dir das Status-Konzept vorgestellt und gezeigt, wie dein Statusverhalten, deine Gefühle und deine Wirkung auf andere zusammenhängen. Insbesondere ist die Erkenntnis wichtig, dass dein Statusverhalten (dein äußerer Status) bei deinem Gegenüber zuerst dessen Gefühl bzw. dessen Selbstbild (seinen inneren Status) beeinflusst. Und je nachdem wie dein Gegenüber tickt, reagiert es dann äußerlich mit Hoch- oder Tiefstatusspiel, welches dann auch wieder auf deinen inneren Status wirkt. Doch auch dein innerer Status wirkt auf dein Gegenüber, da er sich in der Qualität deiner Status-Gesten ausdrückt. Knapp gefasst könnten wir sagen, dass der äußere Status über Nähe und Distanz entscheidet, der innere Status hingegen über Anerkennung oder Geringschätzung. Hier in Teil 2 möchte ich dir nun zeigen, wie du deinen Status wirkungsvoll einsetzen kannst, um Kommunikation und Beziehung positiv und konstruktiv zu gestalten. Im Kern geht es um drei Aufgaben mit drei positive Absichten.

1. Hebe deinen inneren Status, um die Verantwortung für die Situation übernehmen zu können

Grundvoraussetzung dafür, dass du mit deinem Statusverhalten Kommunikation konstruktiv gestalten kannst, ist ein hoher innerer Status. Wenn du dich in einer Situation wohl, sicher, kompetent, zuversichtlich, entspannt etc. fühlst, fällt es dir viel leichter, einen klaren Kopf zu bewahren und mit den Reaktionen deines Gegenübers bewusst positiv umzugehen. Frage dich also was du tun kannst, um dich in einer gegebenen Situation wohl zu fühlen. Das kann individuell und situativ ganz unterschiedlich sein. Manche Dinge kommen nur durch Übung zu dir, wie z.B. Erfahrung, Kompetenz, Routine etc. Du kannst dich aber auch aktiv inhaltlich vorbereiten, indem du z.B. wichtige Themen oder Argumente recherchierst. Du kannst dich seelisch vorbereiten, indem du z.B. deine Rolle, deine Bedürfnisse, Ziele, Kapazitäten und Grenzen für dich klärst, Entspannungsübungen praktizierst oder ähnliches. Tue Dinge, die dir gut tun und die dich stärken, getreu dem Motto: Nur wer gut zu sich ist kann auch gut zu anderen sein.

Vor allem aber kannst du dich dazu entscheiden, die Verantwortung für die Situation zu übernehmen. D.h. du entscheidest dich dafür, den Rahmen zu halten, Rollen und Regeln der Situation im Blick zu haben und ggf. deinem Gegenüber zu spiegeln, wenn der Rahmen überschritten wird. Wertschätzung und Respekt dienen dir dabei als Kompass. Das fällt natürlich umso leichter, je höher der innere Status ist, aber beides geht Hand in Hand. Die bewusste Absicht kann schon dabei helfen, in das richtige Mindset zu kommen.

Wichtig ist allerdings zu differenzieren: Verantwortung für die Situation bedeutet nicht Verantwortung für die andere Person. Das wäre übergriffig und täte euch beiden nicht gut. Du kannst nicht eine bestimmte Reaktion oder ein bestimmtes Verhalten „erzeugen“. Aber du kannst die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ihr zu einem Konsens kommt und ein gemeinsames Ziel verfolgt.

2. Erkenne das übergeordnete Ziel der Situation, um Konsens auf Bedürfnisebene erreichen zu können

Schwierige Situationen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass zwei Menschen Bedürfnisse haben, die scheinbar in Widerspruch zueinander stehen (siehe dazu auch hier).  Jedoch stehen nicht die Bedürfnisse in Widerspruch, sondern die Erfüllungsstrategien. Damit meine ich das Verhalten, das beide an den Tag legen, um ihre jeweiligen Bedürfnisse zu erfüllen.

Wenn du erkennst, welche Bedürfnisse den inkompatiblen Verhaltensweisen zu Grunde liegen, kannst du für die gegebene Situation ein übergeordnetes Ziel finden, das die Bedürfnisse beider würdigt, zusätzlich die situativen Notwendigkeiten berücksichtigt und dem daher beide in dieser Situation zustimmen können. Gehe dabei bitte nicht davon aus, dass du die Bedürfnisse anderer erraten kannst. Stelle durch wertschätzendes Rückfragen sicher, dass du auf der richtigen Spur bist. Dabei kannst du z.B. auf die Techniken des aktiven Zuhörens oder der Gewaltfreien Kommunikation zurückgreifen.

Sobald aber das übergeordnete Ziel klar ist, ist der gemeinsame Wag dahin schon vorbereitet. Nun gilt es sicherzustellen, dass ihr ihn gemeinsam auf Augenhöhe beschreitet.

3. Erkenne den inneren Status des Gegenübers, um wertschätzend Augenhöhe herstellen zu können

Außerdem gilt es, dein Gegenüber abzuholen, guten Kontakt herzustellen und auf Augenhöhe zu kommen. Hier spielt der Status eine entscheidende Rolle. Deine Aufgabe ist es, zu erkenne, ob dein Gegenüber innerlich im Hoch- oder im Tiefstatus ist. Denn davon hängt ab, wie du selbst mit deinem Statusverhalten weiter umgehst.

Ist dein Gegenüber innerlich im Hochstatus und verhält sich auch nach außen hoch, so musst du selbst ebenfalls hoch „spielen“, um auf Augenhöhe zu kommen. Spüre dabei nach, ob dein Statusspiel auch wirklich passt. Spielst du zu tief, schickst du dein Gegenüber u.U. noch weiter nach oben auf der Wippe und es wird immer schwerer für dich, an es heran zu kommen. Spielst du zu hoch, könntest du dein Gegenüber innerlich auf der Wippe nach unten schicken, und es könnte sich angegriffen oder herabgewürdigt fühlen. Das würde den Konflikt verschärfen. Taste dich also heran und bleib flexibel, um dich immer neu auf Augenhöhe einzustellen.

Ist dein Gegenüber innerlich im Tiefstatus, so geht es darum selbst so tief zu „spielen“, dass dein Gegenüber innerlich gehoben wird. Fühlt es sich wohler, wird auch die Kooperationsbereitschaft und Eigeninitiative steigen und ihr könnt auf der neuen Augenhöhe fortfahren. Dabei musst du zwei Fälle unterscheiden: Zeigt dein Gegenüber den inneren Tiefstatus nach außen durch Tiefstatusspiel – ordnet sich z .B. unter, macht sich klein oder leidet sichtlich – so dient die Augenhöhe dazu, Handlungsfähigkeit, Selbstständigkeit und Autonomie zu fördern. Mitgefühl statt Mitleid und Bestärkung statt Bedauern sind angesagt. Wenn es den inneren Tiefstatus mit äußerem Hochstatus überspielt – z.B. in dem es in eine aggressive Verteidigungshaltung geht – so dient die Augenhöhe der Deeskalation und der Etablierung eines friedvollen, idealerweise wertschätzenden Miteianders. Damit meine ich nicht, dass du dich unterwerfen sollst, sondern, dass du auf Einfühlungsvermögen, Verständnis und Respekt setzen darfst.

Wirkungsvolle Kommunikation mit Status-Gesten

Lass uns an dieser Stelle die wesentlichen Handlungsschritte zusammenfassen. Wenn du mit deinem Statusverhalten deine Kommunikation positiv gestalten willst, dann gehe wie folgt vor:

  • Sorge bei dir für ein gutes Gefühl und ein positives Selbstbild in der Situation (selbst innen hoch).
  • Fokussiere darauf, was in der Situation wichtig ist, damit du und dein Gegenüber sich wohlfühlen können (Rahmen und übergeordnetes Ziel).
  • Entwickle ein Gespür dafür, ob dein Gegenüber innerlich hoch oder tief ist, d.h. wie es sich fühlt und wie sein Selbstbild ist (Kontakt und Wertschätzung).
  • Ist es innerlich hoch, nutze Hochstatusspiel, um Augenhöhe herzustellen, aber nicht um zu übertrumpfen (Gegenüber gleichberechtigt respektvoll begegnen).
  • Wenn es innerlich tief ist, nutze Tiefstatusspiel, damit dein Gegenüber sich besser fühlt und ein positiver und konstruktiver Kontakt möglich wird (Gegenüber innerlich heben).

Für die Wirksamkeit deines Statusspiels gilt darüber hinaus grundsätzlich:

  • Dir wird umso mehr Respekt geschenkt, je besser du dich fühlst und je mehr du auf dich vertraust.
  • Je höher dein innerer Status ist, desto tiefer kannst du spielen um andere abzuholen, ohne Respekt, Authentizität oder Autorität einzubüßen.
  • Du wirkst umso souveräner, je versierter du dein Statusverhalten an die Situation anpassen kannst.

Zugegeben, das ist viel, auf das man achten muss. Es braucht Übung und die Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen, sich mit sich selbst auseinander zu setzen und sich auf andere Menschen empathisch einzulassen. Aber ich bin davon überzeugt, dass es sich mehr als lohnt!

Status und Verantwortung

Zum Abschluss noch ein paar Worte zum verantwortungsvollen Umgang mit dieser Technik: Du merkst sicher, dass das Beeinflussen deines Gegenübers über Statusverhalten auf gewisse Weise eine Form der Manipulation darstellt. Einerseits sind die oben beschriebenen Status-Dynamiken Prozesse, die im Grunde immer ablaufen, egal ob reflektiert oder nicht. Sobald ich andererseits aber um die Wirkmechanismen weiß und sie bewusst einsetze, um mein Gegenüber in einen bestimmten Zustand zu versetzen, manipuliere ich. Natürlich passiert das mehr oder weniger bei jeder Kommunikationstechnik (streng genommen ist sogar jede Form der Kommunikation Manipulation, da immer andere beeinflusst werden). Das entschuldigt jedoch keinen verantwortungslosen Umgang damit.

Nutzt du dein Statusverhalten zum Wohle aller Beteiligten, handelst integer und mit aufrichtig positiver Absicht, so wirkst du charismatisch, sympathisch und authentisch. Wenn du es hingegen Nutzt um deinen Willen durchzusetzen oder andere zu deinem Vorteil bzw. ihrem Nachteil zu manipulieren, so wirst du spätestens im Nachgang Vertrauen und Achtung verlieren. Sei dir daher bitte der Verantwortung bewusst, die mit dem Wissen um solche Kommunikationstechniken einhergeht.

Fazit

Das Status-Konzept bietet meines Erachtens einen Rahmen, der es schnell ermöglicht, Kommunikationssituationen nicht nur zu analysieren, sondern auch konstruktive Konfliktlösungsstrategien zu entwerfen. Der wirkungsvolle und sichere Einsatz setzt durchaus ein gewisses Maß an Selbstreflexion und persönlicher Entwicklung voraus, aber genau  das macht für mich zu einem großen Teil auch den Charme des Konzepts aus. Sorgst du gut für dich, hast du deine Bedürfnisse im Blick und stärkst dich selbst, so hebst du deinen inneren Status und wirst in der Kommunikation resilienter und bleibst handlungsfähig. Bist du sensibel für den Status deines Gegenübers, für dessen Gefühle und Bedürfnisse sowie dessen Art, sie nach außen zu tragen, kannst du bewusst und gezielt darauf eingehen, dein Gegenüber abholen und auf Augenhöhe bringen. So gewinnst du Souveränität und Respekt.

Ich wünsche dir viel Erfolg mit den hier beschriebenen Methoden und freue mich zu hören, wie es dir damit ergangen ist. Wenn du mehr dazu erfahren oder Begleitung bei der Entwicklung deiner persönlichen Status-Kompetenz möchtest, schreib mit gerne.

Dein Sebastian