Selbsterkenntnis ist der erste Schritt...

Selbst-Erkenntnis ist der erste Schritt… und dann?

Der Satz „Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung“ ist uns vermutlich allen bekannt. Meistens sind wir nicht sonderlich begeistert, wenn wir ihn hören. Vermutlich, weil wir aus der Situation heraus den Eindruck haben, dass uns da jemand gerade veräppeln will oder uns Schadenfreude entgegen schlägt. Oder Schlimmer noch, weil die Gedanken über unser Selbst, die mit dieser Selbst-Erkenntnis einhergehen, zu sehr unangenehmen, vielleicht sogar schmerzlichen oder qualvollen Gefühlen führen. Dabei deutet dieser Satz auf etwas überaus positives hin, nämlich eine Chance! Wenn es dir schwer fällt, das so zu sehen, dann lade ich dich dazu ein, hier weiterzulesen. Vielleicht hilft es dir dabei, deine Selbst-Erkenntnis in ein Selbst-Bekenntnis zu verwandeln.

Selbst-Akzeptanz der zweite…

Wenn manche Gedanken, die du über dich selber denkst, Wut, Trauer, Angst, Frust, Enttäuschung, Resignation, Scham, Mutlosigkeit, Irritation, Hilflosigkeit oder ähnliches bei dir auslösen, dann fühlt sich das zu allererst einmal furchtbar an. Da gibt es nichts zu beschönigen oder abzuwerten. Diese Gefühle sind nicht angenehm. Sie können sogar richtig qualvoll sein.

Nun sind sie aber einmal da. Sie zu ignorieren, sie wegzuwünschen oder kleinzureden lässt sie nicht verschwinden. Ebenso wenig gehen sie davon weg, dass jemand anderes dir sagt „Nimm es doch nicht so schwer“ oder „Mach dir nichts draus“ oder „Passiert doch jedem mal“. Solche Sätze, die einem das eigene Empfinden absprechen oder abwerten, können das Leid sogar noch verstärken.

Gefühle müssen gefühlt werden. Sie haben eine wichtige Funktion in unserem Körper, denn sie verweisen auf ein Bedürfnis. Und wenn ein Bedürfnis unbefriedigt ist, dann ist das unangenehm. Je nach Bedürfnis, Dringlichkeit und Dauer sogar extrem leidvoll. Darauf verweist das Gefühl. Wenn du das Gefühl akzeptierst, nimmst du es in seiner Funktion an und ernst. Dann erst „darf“ es nachlassen.

Selbst-Wertschätzung der dritte…

Aber woher kommt das Gefühl? Irgendein Anteil in dir sorgt dafür, dass du Dinge tust oder denkst, die unangenehme Gefühle auslösen, weil dieser Anteil auf ein wichtiges Bedürfnis aufmerksam machen will. Vielleicht bist du nicht einverstanden damit, wie er das tut, aber vielleicht kann er es nicht anders. Sicher versucht er jedoch sein Bestes, um sich um dich zu kümmern.

Oft verurteilen wir unsere inneren Anteile für ihre hartnäckige und immer wieder gleiche Art, uns das Leben schwer zu machen. Dann gehen wir mit diesem Teil unseres Selbst ebenso abwertend und geringschätzig um, wie wir es von anderen vielleicht erfahren haben oder befürchten. Wir werden zu unseren schärfsten Kritikern.

Wie wäre es, wenn du stattdessen deinem inneren Anteil für seine Mühen danken würdest? Was wäre, wenn du ihn für seine Hartnäckigkeit und seine positive Absicht wertschätzen würdest, so wie du dir wünschst, dass andere dich mit deinen Bemühungen sehen und annehmen?

Dich in all deinen Facetten und Anteilen wertzuschätzen ist wichtig, um mit dir ganz ins Reine zu kommen.

Selbst-Integration der vierte…

Im nächsten Schritt geht es darum, diesen aufmüpfigen Anteil wieder konstruktiv mit in dein inneres Team aufzunehmen. Sicherlich gibt es Situationen und Kontexte, in denen die bisherige Strategie deines  Anteils sinnvoll, ja sogar notwendig ist oder war. Und jetzt gibt es eben Situationen und Kontexte, in denen zusätzlich was Neues gebraucht wird. Vielleicht eine andere Strategie, vielleicht ein anderer Anteil am Steuer oder noch etwas anderes. Nun gilt es, dieses Neue auszuhandeln und den Anteil mit seiner bisherigen Strategie Teil davon sein zu lassen.

Wir können keinen Anteil von uns „wegmachen“ oder „entfernen“. Wir müssen ihn integrieren, wieder Teil des Ganzen machen.

Selbst-Aktvierung der fünfte…

Jetzt heißt es: Handeln! Du hast eine neue Strategie, die sich jetzt bewähren muss. Gibt es etwas, das der neuen Strategie im Weg steht oder ihr widerspricht? Bestimmte Situationen, andere Anteile, Werte, Ziele, Beziehungen…? Wenn nicht, dann frage dich, was du tun kannst, um die Strategie auch anzuwenden. Wann genau tust du was genau? Und sei nachsichtig mit dir. Veränderungen sind manchmal langsam und anstrengend. Neue Kompetenzen brauchen Übung. Nimm und lass dir Zeit.

Selbst-Verantwortung der sechste…

Und wenn die neue Strategie nicht funktioniert? Wenn sich herausstellt, dass trotz aller Überlegung und Abwägung, trotz allen Übens und Geduldens nicht die gewünschte Veränderung eintritt? Dann war es vielleicht einfach noch nicht die richtige Strategie. Auch das ist eine wertvolle Erkenntnis. Wenn auch vielleicht eine enttäuschende oder frustrierende. Dann heißt es, Verantwortung übernehmen und neu mit sich selbst in den Diskurs gehen (springe zu Schritt zwei). Vielleicht auch mit Hilfe. Denn sich selbst zu überfordern aus dem Glauben heraus, alles selbst und alleine schaffen zu müssen, ist nicht verantwortungsvoll, sondern riskant.

Selbst-Verwirklichung der siebte…

Und wenn es funktioniert? Herzlichen Glückwunsch, du bist ein Stück mehr bei dir angekommen. Aus der Selbst-Erkenntnis ist ein Selbst-Bekenntnis geworden, denn du kannst nun noch besser sagen, wer du bist, was du brauchst und wie du gut mit dir umgehen kannst. Meistens haben wir natürlich mehr als ein Muster, einen Glaubenssatz oder eine Unzulänglichkeit, die uns an uns selbst stört. Aber das heißt ja nur, dass es noch viel mehr Chancen gibt, sich selbst noch besser kennenzulernen und mehr bei sich anzukommen.

Ende offen…

Dein Sebastian